Pfingsten: Feiern wir das Urereignis des Verstehens!

  • Dietrich Denker

„Ich verstehe, was du sagst!“  Das höre ich gerne. Damit ist klar: Ich rede laut genug, damit mein Gegenüber mich hört. Ich rede in einer Sprache, die mein Gegenüber versteht. Wir können uns miteinander unterhalten. Wir können diskutieren, streiten und Kompromisse suchen. Wir können uns gegenseitig sagen, was uns wichtig ist.

Ob wir einander verstehen, hängt auch davon ab, wie wir grundsätzlich zueinander stehen. Wollen wir unser Gegenüber wirklich verstehen? Gibt es gemeinsame Ziele und Werte, die uns wichtig sind? Und: was halten wir voneinander? Dialog, also ein wirkliches Gespräch, braucht die unbedingte Voraussetzung, einander verstehen und hören zu wollen. Zumindest dieses Ziel gilt es, miteinander zu teilen.

In den „Bubbles“, den „Gesprächsblasen unserer Sozialen Netzwerke“ sind meist Gleichgesinnte unterwegs. „Likes“, also „Gefällt mir“ -Angaben bestimmen das Miteinander. Und zwischen den „Bubbles“ herrscht oft wütendes Schweigen. Es sieht so aus, als hätte man einander nichts zu sagen. Man redet übereinander und aneinander vorbei. Verbal und medial mit Bild-, Audio- und Videobotschaften schlägt man aufeinander ein.

Wir sehen es täglich in den Nachrichten: Gesellschaftliche Polarisierung in fast allen Fragen des Lebens. Der von allen eingeforderte sachliche und fachliche Austausch über die Herausforderungen unserer Zeit vom Klimawandel über Energiepolitik bis hin zur Frage nach Krieg und Frieden  gelingt nicht mehr. Die Menschen verstehen einander nicht. Sie wollen auch nicht mehr verstehen, nur noch selbst verstanden werden. Und so ziehen sie gut bewaffnet in den Meinungskrieg. Sie verschließen ihre Herzen vor den Worten Andersdenkender und legen einen Panzer um ihr Herz.

Wir feiern Pfingsten und erinnern uns an ein „Superspreader“ – Ereignis.

Das Wort von der Liebe Gottes, von Vergebung, Frieden und Gerechtigkeit, die Botschaft von der Vergebung der Sünde und neuem Leben, das nie vergeht – dieses Wort wurde von Tausenden in Jerusalem vernommen und verstanden. Allen unterschiedlichen Sprachen zum Trotz. Ein Urereignis des Verstehens.

In einem Pfingstlied beten wir:

Du, heil’ger Geist bereite

ein Pfingstfest nah und fern,

mit deiner Kraft begleite

das Zeugnis von dem Herrn.

Herr, öffne du die Herzen,

der Welt und uns den Mund,

dass wir in Freud und Schmerzen

das Heil ihr machen kund.

(Philipp Spitta, Pfingsten 1827)

Ich wünsche mir für unser Miteinander in den Familien, in der Gemeinde, im Kirchenkreis und überall in der Welt, dass die Kraft des Geistes Gottes die Panzer um unsere Herzen aufbricht und sich das Zeugnis von der Liebe Gottes in den Herzen der Menschen Raum verschafft. Mit Gottes Geist ausgerüstet gelingen Hören und Verstehen – Grundlage unseres Miteinanders.

Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesegnetes Pfingstfest.

 

Dietrich Denker