Streetwork-Projekt für wohnungslose Frauen gerettet

  • Angela Rietdorf (Öffentlichkeitsreferat)
  • Diakonisches Werk Mönchengladbach

Evangelische Gemeinden und Schaffrath-Stiftung stellen Mittel für Obdachlosenhilfe zur Verfügung

Im Büro von Janna Stempel und Marlene Beckmann lehnt eine Matratze an der Wand. „Die bringen wir heute noch für eine unserer Klientinnen in eine Wohnung, die sie jetzt beziehen kann“, erklärt Marlene Beckmann, Krankenschwester und Streetworkerin im Projekt des Diakonischen Werks, das sich speziell um obdachlose Frauen kümmert. Ein Projekt, das seit April 2020 erwiesenermaßen sehr erfolgreich arbeitet, dessen Fortbestand aber dennoch stark gefährdet war, weil die Stadt die Kosten von 55.000 Euro nicht übernehmen wollte. Aber evangelische Kirchengemeinden und die Schaffrath-Stiftung sprangen ein und brachten die erforderlichen Mittel auf. Kurz vor Weihnachten 2022 stand fest: Das Projekt kann auch im Jahr 2023 fortgesetzt werden.

Die Mönchengladbacher  Christuskirchengemeinde, die Friedenskirchengemeinde, die evangelischen Kirchengemeinden  Großheide, Rheydt und Wickrathberg stellen gemeinsam mehr als 30.000 Euro zur Verfügung. Zusätzlich kam noch eine Spende von der evangelischen Kirchengemeinde Kaarst. 35.000 Euro bringt die Schaffrath-Stiftung ein.  „Es ist toll, so viel Solidarität zu erfahren“, sagt Brigitte Bloschak, Fachbereichsleiterin Wohnungslosenhilfe beim Diakonischen Werk Mönchengladbach. Das Projekt sei auch eine besonders sinnvolle Maßnahme. „Die Kontaktaufnahme mit wohnungslosen Frauen ist schwieriger, weil die Frauen weitgehend unsichtbar sind. Sie verschwinden, schlüpfen unter, halten sich im Hintergrund. Man muss ihnen viel mehr nachgehen, um sie zu erreichen.“ Gleichzeitig sind sie in noch stärkerem Maße auf der Straße gefährdet als Männer.

Zum Erfolgsrezept des Streetworking-Projekts gehört die Kombination aus Krankenpflege und Sozialarbeit. Über das Angebot, vor Ort Wunden zu versorgen oder Verbände zu erneuern, lässt sich leichter Kontakt aufbauen. „Die Krankenpflege ist der Türöffner“, bestätigt Sozialarbeiterin Janna Stempel. Gleichzeitig ermöglicht es das Krankenpflege-Angebot, auch mit den Frauen allein in Kontakt zu kommen. Während sich die Krankenschwester um die Männer in einer Gruppe von Obdachlosen kümmert, kann die Sozialarbeiterin mit den oft abgeschirmten Frauen ins Gespräch kommen.“Wir müssen uns  bei den Männern auch Respekt verschaffen, aber das ist gelungen“, meinen beide Streetworkerinnen.  Sind Kontakt und Vertrauen  erst einmal hergestellt, geht es oft darum, Leistungen zu beantragen. Die Frauen haben meist keine Krankenversicherung, bekommen keine finanzielle Unterstützung, haben aber auch keine Postanschrift. Bei all diesen Aufgaben helfen die Streetworkerinnen. Sie gehen auch mit zu Wohnungsbesichtigungen, vermitteln ins Altenheim oder ins Betreute Wohnen. Oder auch in die Suchtberatung oder zur Entgiftung in eine Klinik. Ihre Klientinnen kommen aus allen Altersgruppen. Es sind 18jährige dabei, aber auch 75jährige. „Wir stellen den Frauen auch Handys zur Verfügung, damit sie Kontakt aufnehmen und Termine vereinbaren können“, erklärt Marlene Beckmann. Die Arbeit ist zeitintensiv. „In krassen Fällen betreuen wir Frauen auch bis zu zwei Jahre lang“, sagt Janna Stempel. In den vergangenen knapp drei Jahren haben die beiden Kontakt zu 57 wohnungslosen Frauen aufbauen und 27 davon in eine eigene Wohnung vermitteln können. Jetzt können sie weiter machen. Das ist auch bitter nötig. Die Zahl der Obdachlosen  in Mönchengladbach steigt.

Hintergrund:

Das Streetworkprojekt für obdachlose Frauen wurde als Pilotprojekt drei Jahre lang vom Land NRW finanziert und wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Nach dem Auslaufen der Förderung erklärte sich der LVR bereit, die Hälfte der Kosten von 110.000 Euro zu übernehmen. Offen blieben 55.000 Euro. Die Lücke wurde nun durch Spendenmittel geschlossen.